Das Vermächtnis der Nebel
Einst regierte Obolet über ein blühendes Königreich. Sein gerechtes Urteil und sein starker Schwertarm brachten ihm Ruhm und die Liebe seines Volkes.
Nur eine Person stand noch höher in der Gunst der Menschen: seine Halbschwester Araide. Sie war von solcher Anmut und Sanftheit, dass es kaum einen Ritter gab, welcher sich ihr nicht sogleich ohne jedes Zaudern unterwarf, um in ihrem Namen zu streiten. Mag man der Legende Glauben schenken, gab es nie eine Frau von reinerem Edelmut.
Noch heute liegt ihretwegen Wehmut in den Rufen der Greifen, aber vielleicht sollte ich meine Geschichte in früheren Zeiten beginnen lassen …
Kapitel 4 - Das Konzil des Nebels
Auch wenn alle Gefahr abgewendet schien, war Obolet kein Narr. Er wusste, dass sich die Feinde zwar zurückgezogen hatten, damit die Bedrohung, die von ihnen ausging, keineswegs gebannt war.
Außerdem krochen allerlei finstere Kreaturen durch die dunklen Ecken seines Landes. Araides Herz wollte er mit diesen Sorgen nicht beschweren, im Besonderen, da sie sich mit allen magischen Kreaturen, ob licht oder dunkel, tief verbunden fühlte.
So nahm er seinen treuesten Rittern, welche schon seit vielen Jahren an seiner Seite gekämpft hatten, einen Schwur ab. Immer wenn der Mond am vollsten war und Araide in seinem Schein durch die nebeligen Haine wanderte, sollten sie sich treffen.
Im Geheimen besprachen sie die Lage am Hofe und des ganzen Landes. Sowie jedoch die ersten Strahlen der Sonne ihren Platz behaupteten, schieden sie von einander. Niemand sprach ein Wort darüber, aber ein jeder wusste, was er zu tun hatte.
Zwölf Ritter hatte der König auf diese Weise eingeschworen. Unter ihnen waren Enneleyn die Heldenmütige, Fenhold der Edle, Theon der Wanderer, Haroll der Freundliche, Hadrian vom roten Schwert, Evan der Schwermütige, Twyl der Schmied, Joral von den Inseln, Eren der Liebreizende, Lugh von Duraighs Klamm, Layn der Lange und Kabed der Fels. Sie nannten sich das Konzil der Nebel.
Immer dann, wenn ein Jäger oder Kundschafter eine finstere Kreatur sichtete, verschwand sie bald darauf, noch bevor sie Schaden anrichten konnte. Nur wenige wussten von den Taten der Ritterschaft.
Vielmehr ging man davon aus, dass diese gefährlichen Kreaturen sich endgültig aus dem Königreich zurückgezogen haben. Auch Araide wusste nicht, was im Lande vor sich ging.